Tendenzen bei der Genehmigung von WE-Vorhaben, dem Briloner-Windsberg und von einem Tiger, der sich selbst die Zähne zieht

[WR 07.07.2021] Als der Prozess wegen des Rotmilans in Brilon-Nehden drohte, für die Vorhabenträgerin verloren zu gehen, schwenkte sie um. Vielleicht auch aus Einsicht, denn eine Firma wie Enercon möchte Windräder bauen und aufstellen. Die Vorhabenträgerin beantragte, den Genehmigungsbescheid zu ihrem Nachteil zu ändern und eine Tagabschaltung der Anlagen während der Rotmilansaison anzuordnen, falls der Horst besetzt ist. Das Modell macht Schule. So hat der Vorhabenträger in Neuenrade (Märkischer Kreis) eine ähnliche Regulierung beantragt. Darauf hin hat das OVG den aktuellen Baustopp aufgehoben. Aber zurück zu Nehden: Am Beginn der Rotmilansaison kam der Gutachter im Auftrag der Vorhabenträgerin. Sein Ergebnis: Der Horst sei vom Rotmilan nicht besetzt. Tatsächlich hatte ein Kolkrabe den Horst „geklaut“, aber der RM im 50-m-Abstand einen neuen errichtet. Der Gutachter war indessen so auf den alten Horst konzentriert, dass er den neuen natürlich nicht gesehen hat.

Das Abschalt-Modell hilft den Arten aber nur dann, wenn Auflagen überwacht und bei Nichteinhaltung seitens der Unteren Umweltbehörde die Abweichung nicht geduldet, sondern die Auflagen durchgesetzt und die rechtswidrig erzielten Erträge abgeschöpft werden. Genau daran hapert es, wie nachfolgendes Beispiel zeigt:

Wir haben am Briloner Windsberg in einem der Vorjahre drei getötete Milane zu beklagen. Die Anlagen sind also brandgefährlich! In dem Jahr war die Betreiberin mit der Erfüllung der Rekultivierungsauflagen in Verzug. Wir haben uns dagegen gewehrt. Unsere Beschwerde wurde zwar von der Bezirksregierung zurückgewiesen, wie von Geisterhand war aber zeitgleich die Rekultivierung erfolgt.

Wir haben die Untere Umweltschutzbehörde des HSK im März darauf hingewiesen, dass entgegen der Ziffer 8.10. des Genehmigungsbescheides im Umkreis von 150 m (Regelunsinhalt des 8.10.) und darüber hinaus durch den Borkenkäfer-Rodungen für dem RM attraktive Brachen entstanden sind. Eigentlich waren diese vermeidbar. Von den Baumleichen geht eine weitere Borkenkäfergefahr nicht mehr aus. Man hatte die Rodung also soweit zurückstellen können, um unmittelbar anschließend möglichst im Herbst zu rekultivieren oder bis unter ihnen ein Niederwald entstanden wäre. Denn die Fläche mit den Baumleichen wäre für den RM kein interessantes Nahrungshabitat.

Wegen des „darüber hinaus“ hatten wir uns eingebildet, auf friedlichem Wege eine umfassende Lösung zu verhandeln. Die Betreiberin, über die Stadtwerke, eine 50%-ige Enkelgesellschaft der Stadt, spielte jedoch auf Zeit. Schließlich legte die Betreiberin kürzlich nach Fristablauf einen Rekultivierungsplan nur für den 150 m-Radius vor, mit dessen Realisierung sie im Herbst (Herbstanfang / Herbstende?) beginnen wollte. Zu den angrenzenden Brachen sagte sie nichts. Wir haben dann die offenkundig sinnlosen Gespräche abgebrochen, nachdem evident war, dass die Betreiberin auf Zeit spielt. Beim HSK haben wir anschließend beantragt, nunmehr einseitig eine Tagabschaltung für die restliche Rotmilansaison bzw. Abschluss der Rekultivierung anzuordnen. Der verantwortliche Mitarbeiter lehnte dieses mündlich ab.

Wie geht es weiter? Theoretisch könnten wir einen Antrag auf einstweiliger Anordnung stellen. Wir müssen aber mit den Geldern speziell mit Blick auf den Mannstein und Antfeld haushalten. Also werden wir uns im nächsten Schritt an die Obere Naturschutzbehörde wenden und gleichzeitig den Bürgermeister der Stadt Brilon und den Landrat auf den Missstand hinweisen. Mögen die Herren dann allabendlich beten, dass wir nicht nachweisen können, dass erneut ein Vogel von den Anlagen geschlagen wurde. Denn dann wären wir u.E. im Naturschutzstrafrecht.